Naturstein ist mehr als Baumaterial und Verdienstmöglichkeit.
Steine sind auch:
Sisyphos' Alptraum,
zurückkehrende Gebete,
stumme Lehrer,
sich Liebende und Gebärende,
(vor)letzte Instanz,
Lebenssäfte,
stete Tropfen...
Unter der Rubrik SteinZeichen versuchen wir gelegentlich weitere Dimensionen von Stein zumindest zu erahnen.
Die Götter hatten Sisyphos dazu verurteilt, unablässig einen
Felsblock einen Berg hinaufzuwälzen, von dessen Gipfel der
Stein von selbst wieder hinunterrollte...
Es gibt kein Schicksal, das durch Verachtung nicht
überwunden werden kann.
(aus: Albert Camus, Der Mythos von Sisyphos)
Tausende, Hunderttausende Steine, kieselgroße
faustgroße, manchmal kopfgroße Steine,
im Verlauf von Jahrhunderten von Pilgern
(…) im seichten Wasser versenkt,
damit der Strom die dem Stein anvertrauten Gebete
ans Meer trage und so jedes Wort bewegt, gebetet
und unter der Sonne wieder zu Wasserdampf werde,
und die Schwaden des Dampfes wieder zur Wolke,
aus der dann Zeichen für Zeichen zurückregne,
zurückschneie oder selbst als Hagel zurückschlage
auf das allein den Göttern gehörende Land.
Christoph Ransmayr, Der fliegende Berg (S.210).
"Steine sind stumme Lehrer,
sie machen den Beobachter stumm,
und das Beste, was man von ihnen lernt,
ist nicht mitzuteilen."
Johann Wolfgang von Goethe
Der Steinhirt
Ich habe die Steine aus meinen Augen genommen
und aus meinem Mund
Ich habe die Steine aus meinem Herzen genommen
und aus meinem Kopf
Ich lege sie an die Sonne
sie sollen sich wärmen
Ich lege sie auf die Wiese
sie sollen sich lieben
Ich sammle sie abends ein
die Steine und ihre Kinder
Ich lege sie in den Mund
ich lege sie in die Augen
Ich lege die warmen Steine
in Herz und Kopf
Sie sollen mich wärmen
mit der Sonne des Tages
Dann weiß ich
der Tag war schön
dann weiß ich
ich habe gelebt
Erich Fried, Reich der Steine (S. 147)
(...) die Steine dürfen nicht zu klein sein, weil sie dann harmlos sind. Aber sie dürfen auch nicht zu groß sein, weil sie die Qualen des Schuldigen dann zu sehr verkürzen. Denn hier geht es um die Bestrafung von Schuldigen, das sollten wir nie vergessen. Alle die ehrbaren Männer, die eifrig den Finger heben, weil sie an einer Steinigung teilnehmen wollen, müssen wissen, dass Schuld durch Schmerz gesühnt werden muss. So ist es. So war es immer.
Jaume Cabré, Das Schweigen des Sammlers (S.593)
Der Geschmack erinnerte an Steine. "Wenn die Steine des Südens nach etwas schmecken würden, dann so wie das hier", dachte Elia nach dem dritten Glas. War es möglich, die Felsen der Hügel auszupressen und einen derartigen Saft zu erhalten? Elia überlies sich der dichten Hitze des Getränks.
Laurent Gaude, Die Sonne der Scorta (S. 184)
Steter Tropfen höHT den Stein
zu Stalagmiten bunt und rein.
Steter Tropfen längt von oben
Stalaktiten dicht verwoben.
Von frischer Kühle stumm umfangen,
allerorts Skulpturen prangen.
Fern die Sonne, fern die Sterne,
und doch ist Licht in jedem Kerne.
Und wer ist der Schönste im Wasser-Spieglein ?
Ein lautloses Eifern beim Stelldichein.
Die Frage bleibt wohl unentschieden,
weil jedem besondrer Reiz ist beschieden.
Ein jeder wächst auf seine Weise,
wird einzigartig im steinernen Kreise.
Die Zeit ward versteinert unbemerkt,
vom Weltenlauf ganz abgekehrt.
Jahrmillionen zu Stein sind erstarrt,
vom weichen Tropfen zum Kunstwerk ganz hart.
(im Sommer 2011-nach Besuch der grotte d'osselle)